Französische Orgelmusik vom ancien régime bis heute
Werke von Couperin, Balbastre, Lefébure-Wély, Franck, Vierne, Hakim
Wie erging es einem als Organist während der französischen Revolution? Nicht sehr gut – man musste schon froh sein, wenn die Pfeifen der Orgel nicht zu Kanonenkugeln umgeschmolzen wurden und man seinen Posten behalten konnte, weswegen der ‚Citoyen’ Balbastre eifrigst die ‚Marseillaise’ intonierte. Da erging es einem François Couperin zu Zeiten Louis XIV. schon besser mit der Prachtentfaltung in der Chapelle Royale des Versailler Schlosses. Nach der Revolution durfte die Orgel dann leichten Fusses die Bourgeoisie des Second Empire amüsieren, bevor César Franck Ordnung in die Sache brachte und mit der zweiten französischen Orgelschule das Fundament für eine bis heute andauernde Brillanz legte.
Bild: Eugène Delacroix (1798-1863) "Le 28 juillet - La Liberté guidant le peuple" | Musée du Louvre Paris | Foto: Erich Lessing Culture and Fine Arts Archives (s. Impressum)
ZU GAST BEI ALBERT BARON DE L’ESPÉE
Orchesterwerke von Richard Wagner in Orgeltranskriptionen
Viel Geld und Zeit müsste man haben! Von beidem im Überfluss hatte Albert Baron de l’Espée (1852-1918), ein reicher Sprössling einer lothringischen Stahl-Dynastie. So stattete er seine diversen auf ganz Frankreich verstreuten Schlösser mit großen Instrumenten des renommierten Pariser Orgelbauers Aristide Cavaillé-Coll aus. Besonders berühmt war dasjenige in seinem direkt an der Atlantikküste gelegenen Château Ilbarritz, wo der Baron nächtens bei zum Meer geöffneten Fenstern seiner Wagnerleidenschaft auf der Orgel frönte...
> Hörprobe CD „Une soirée musicale chez Albert Baron de l’Espée“ AEOLUS AE-10271
Bild: Arno Breker (1900-1991) "Büste Richard Wagners im Festspielpark Bayreuth" | Foto: Schubbay (s. Impressum)
MUSIK AUS STE. CLOTILDE, PARIS
Werke von Franck, Tournemire, Langlais, Cogen
Die Pariser Basilique Ste. Clotilde, eine 1860 erbaute verkleinerte Replik des Kölner Doms, fristet heute ein ruhiges Dasein im VII. Arrondissement, wo ältere Damen der französischen Aristokratie und Parlamentarier der nahegelegenen Assemblée Nationale zu ihren Nachbarn gehören. Ein Denkmal im angrenzenden Square erinnert jedoch daran, dass hier mit César Franck ein bedeutender Komponist an der Orgel saß, von der er einmal sagte:“...mon orgue, c’est un orchestre!“ Das Besondere ist nun, dass die aufeinanderfolgenden Titulaires dieses Instrumentes allesamt Schüler ihrer Vorgänger waren und sich so in Verbindung mit den charakteristischen Farben der Clotilde-Orgel ein ganz eigener Stil entwickelt hat. César Franck, Charles Tournemire, Jean Langlais, Pierre Cogen – sie alle sind dem Charme der unvergleichlichen Voix humaine und der zarten Oboe erlegen und haben sich zu Meisterwerken inspirieren lassen.
Bild: Jeanne Rongier (1852-1934) "César Franck am Spieltisch der Orgel von Ste. Clotilde, Paris 1885" | Foto: Braun & Co. (s. Impressum)
DER GROSSE KANTOR
Werke von Bach, Knecht, Schumann, Widor, Hakim
„Mag sein, dass nicht alle Musiker an Gott glauben - aber an Bach glauben sie alle." An diesem Wort Mauricio Kagels ist sicherlich etwas dran. Unbestritten ist, dass Bach als ‚König der Organisten’ seinem Instrument unübertroffene Meisterwerke geschenkt hat wie z.B. Präludium & Fuge Es-Dur, welches Schönberg für großes Orchester arrangierte. Aber auch für spätere Tonsetzer waren Bachs Musik und nicht zuletzt seine musikalischen Initialen Inspirationsquelle für Bearbeitungen und das eigene Schaffen.
Foto: www.palladium.de
VICTORIA! ORGELMUSIK ZU OSTERN
Auferstehungsmusik von alt bis modern
Werke von J. S. Bach, Dandrieu, Widor, Langlais, Hakim
Ist Bachs Präludium & Fuge D-Dur nicht eine Ostermusik par excellence? Die aufsteigende Tonleiter des Beginns erinnert an die resurrectio und die Quirligkeit der Fuge an die „Beweglichkeit der verklärten Leiber“, wie es Messiaen einmal formulierte. Andere Werke nehmen direkt Bezug auf gregorianische Themen des Osterfestes wie z.B. das O filii in Dandrieus „Offertoire pour le jour de Pâques“ oder das Haec Dies in Widors „Symphonie Romane.“
> Hörprobe aus der CD "Haec Dies" unda maris UM-20211
Bild: Dominikanerkirche St. Andreas (Köln), Auferstehungstriptychon
DURCH DAS JAHR MIT OLIVIER MESSIAEN
Eine Auswahl aus seinen Orgelwerken 1928-1984
Die extrem lange Schaffensperiode Olivier Messiaens von gut 60 Jahren bringt mit sich, dass man eigentlich von mehreren Komponisten sprechen müsste. Denn musikalische Redlichkeit war dem Meister wichtig und er führte nicht einfach einen einmal erreichten Stil weiter, sondern gab seinem Bedürfnis nach Erneuerung viel Raum. So finden sich bei ihm neben den noch ‚romantischen’ Werken des Beginns über den sich immer mehr Gehör verschaffenden Vogelsang auch serielle Anklänge und gar ein Konzept einer ‚kommunizierbaren musikalischen Sprache.’ Dieses Programm nimmt den Verlauf des Kirchenjahres als Richtschnur, um daran Werke unterschiedlichster Charaktere und Schaffensperioden aufzureihen.
Bild: "Grand Pic de la Meije" - vor dessen Anblick Messiaen komponierend seine Sommermonate verbrachte | Foto: Guillaume Piolle (s. Impressum)
ZAHLENSPIELE
Werke von Bach, Malling, Langlais, Messiaen, Hakim, Improvisation
...ein Jonglieren mit Zahlen und Bedeutungen...
Eines können Musiker vor allem: zählen! Über das Zurechtfinden im Takt hinaus haben Zahlen in der Musik aber vielfältige Bedeutungen. Dieses Programm spürt der "3" nach: in Bachs trinitarischem Präludium & Fuge Es-Dur, den drei Weisen bei Malling und Messiaen, den Trois Paraphrases grégoriennes von Langlais, einer Improvisation Tryptichon Triplex und der dreisätzigen Symphonie Hakims, die auf der mathematischen Fibonacci-Reihe beruht und den Raum ins Unendliche öffnet.
Charles Tournemire: Sept Chorals-Poèmes pour les sept paroles du Xrist
Das Leiden Jesu Christi hat in seiner Dramatik zu allen Zeiten Komponisten zu großartigen Werken inspiriert. Charles Tournemire – der eigenwillige Nachfolger César Francks an der Orgel der Pariser Basilika Ste. Clotilde – greift mit seinen „Sieben Worten Christi am Kreuz“ eine Gattung auf, welche schon vor ihm so bedeutende Meister wie Heinrich Schütz oder Joseph Haydn illustrierten. In seinem Werk geht es nicht wie bei Duprés Chemin de la Croix um eine illustrative Darstellung des Geschehens auf Golgotha, sondern um ein musikalisches Nachvollziehen verschiedenster Stimmungen. Gegossen in Formen wie Passacaglia oder Fuge evoziert das Werk in quasi improvisatorischem Gestus in einzigartiger Weise das Passionsgeschehen und nutzt dabei alle Ausdrucksschattierungen der symphonischen Orgel.
Bild: Max Klinger (1857-1920) "Kreuzigung Christi" | Städelsches Kunstinstitut Frankfurt am Main